Auf dem Weg zu einem gerechten Frieden
Lena Schäfer (hintere Reihe 4.v.l.) hat mit einer Gruppe von jungen Leuten eine kleine Präsentation zur Plenumsdiskussion "Friede in der Wirtschaft" einstudiert.
„Glory to God“ hallt eine kraftvolle Stimme im Takt zu jamaikanischen Rhythmen durch die Lautsprecherboxen. Kurz darauf schließen sich die rund tausend Christinnen und Christen im klimatisierten Zelt dem Mann auf der Bühne mit den Worten „and Peace on Earth“ an. Beim Singen dieses Motto-Liedes, das in den vergangenen Tagen ein stetiger Begleiter war, halten sich alle Menschen fest an den Händen, die sie symbolisch in die Luft strecken. Dieser besondere Augenblick, der bei wohl allen Anwesenden ein Gänsehaut-Gefühl ausgelöst hat, markiert den offiziellen Abschluss der „Internationalen ökumenischen Friedenskonvokation“, die vom 17. Mai bis zum 25. Mai 2011 unter der jamaikanischen Sonne stattfand. Etwa tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt und aus den verschiedensten Kirchen trafen in der Hauptstadt Kingston auf dem Gelände der University of the West Indies zusammen, um den Abschluss der zehnjährigen Dekade zur Überwindung von Gewalt zu markieren. Die Dekade zur Überwindung der Gewalt ist eine Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen, eine Bewegung, die weltweit versucht, die Bildung neuer Friedensnetzwerke anzuregen und schon Bestehende zu stärken.
Die Abschlussversammlung in Jamaika bot Kirchenvertretern und Vertretern verschiedener Organisationen eine Bühne zur gemeinsamen Reflexion und zum Austausch. In Plenumsdiskussionen, verschiedensten Workshops und aufschlussreichen Bibelarbeiten wurden die vier Hauptthemen „Friede in der Gemeinschaft“, „Friede mit der Erde“, „Friede in der Wirtschaft“ und „Friede unter den Völkern“ behandelt und die Ergebnisse in einer Abschlussbotschaft festgehalten. Es war eine Woche voller Musik, Tanz und gemeinsamen Lebens, aber vor allem eine Woche voller Begegnungen. Menschen aus aller Welt hatten den Weg nach Kingston gefunden und täglich hat man mehr von diesen interessanten Persönlichkeiten kennengelernt und ist mit diesen ins Gespräch gekommen. Gerade diese Begegnungen waren ein besonderes Geschenk. Plötzlich machte es keinen Unterschied mehr, welchen Titel oder welche Positionen das Gegenüber hat. Beim gemeinsamen Essen und Arbeiten waren alle gleich.
So war es auch mir als Jugendliche, möglich, mit Erzbischöfen oder auch mit Prof. Dr. Margot Käßmann ins Gespräch zu kommen. Ich war eine von fünf jugendlichen Essaygewinnern aus aller Welt, die den Essay-Contest des Ökumenischen Rates der Kirchen gewonnen hatten und somit die besondere Ehre bekamen, an dieser Veranstaltung teilnehmen zu dürfen. So wurde auch ich Teil der deutschen Delegation, die mit 108 Teilnehmenden die wohl größte Delegation darstellte. Viele der deutschen Delegierten waren Jugendliche, die mit den anderen Jugendlichen aus den verschiedensten Ländern und mit vielen jamaikanischen Jugendlichen an einer Vorkonferenz teilnahmen, die Raum für einen Erfahrungsaustausch und Diskussionen bot. Besonders beeindruckend hierbei war die Präsentation der Jugendlichen aus Jamaika, die die sozialen Probleme und die Probleme mit der Kriminalität in ihrem Land nahegebracht haben.
Diese zwei Tage waren gefüllt von innovativen Ideen und Idealen, umso trauriger ist es, dass kein Jugendlicher offiziell auf der Internationalen Friedenskonvokation an den darauffolgenden Tagen zu Wort gekommen ist. Ein Mädchen aus Amerika sagte an einem Abend, als die Jugendlichen einen Abend mit Musik und Tanz veranstalten durften: „Wir sind nicht die Zukunft, wir sind jetzt schon Teil der Gesellschaft“. Hoffentlich ist diese Botschaft ein Denkanstoß für die Organisation für die nächste Vollversammlung, die 2013 in Busan (Korea) stattfinden wird.
Am Tag der Abreise sind wohl alle mit vielen neuen Erfahrungen, Begegnungen, Freunden und Ideen im Gepäck in ihre Heimat gereist, wo sie die neu gewonnen Eindrücke und Möglichkeiten weitergeben können. Und die Wichtigkeit dieser Versammlungen liegt nach meinem eigenen Eindruck nicht unbedingt in dem Netzwerk der großen Kirchen, sondern es sind eher die kleinen Begegnungen und Kontakte, die geknüpft wurden und dank des Internets auch weiterhin bestehen und ausgebaut werden können. Auf diese Weise kann hoffentlich irgendwann die Vision des gerechten Friedens verwirklich werden. Ich bin dankbar, dass ich Teil dieses kleinen Schrittes hin zu diesem wichtigen Ziel sein durfte und werde diese Erfahrung nie vergessen.
Text und Foto:
Lena Schäfer, Oer-Erkenschwick