Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge

Sektionen

Sie sind hier: Startseite / News / Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit mit der Auszeichnung Peter Maffays mit der Buber-Rosenzweig-Medaille

Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit mit der Auszeichnung Peter Maffays mit der Buber-Rosenzweig-Medaille

"Ohne Dialog werden wir die Probleme unserer Welt nicht lösen", sagte Peter Maffay während seiner Auszeichnung für sein Eintreten gegen Antisemitismus und Rassismus. Bereits vor der Preisverleihung hatte Maffay in einem Interview mit der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ kritisch angemerkt, dass das Land „den gemeinsamen Wertekanon“ verloren habe. Politiker und Parteien sowie Teile der Wirtschaft, einige Sportfunktionäre und Kirchenvertreter hätten „in jüngster Zeit viel Vertrauen verspielt“. Viele Menschen hätten „das Gefühl, dass der Eigennutz im Vordergrund steht und nicht das Gemeinwohl“.
Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit mit der Auszeichnung Peter Maffays mit der Buber-Rosenzweig-Medaille

Rabbiner Andreas Nachama (r.) und Friedhelm Pieper (l.), überreichen als jüdische und evangelische Doppelspitze des Deutschen Koordinierungsrats der christlich-jüdischen Gemeinschaften die Buber-Rosenzweig-Medaille an Peter Maffay.

 

RECKLINGHAUSEN  - Mit einem großen Festakt ist am Sonntagmittag im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen die „Woche der Brüderlichkeit“ eröffnet worden. Dort wurde Peter Maffay mit der Buber-Rosenzweig-Medaille für sein entschiedenes Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus in Politik, Gesellschaft und Kultur ausgezeichnet. Durch die Veranstaltung führte Gundula Gause. 

 

Zu den ersten Gratulanten gehörten Dr. Margaretha Hackermeier, Katholische Präsidentin des Deutschen Koordinierungsrates. „Angst führt zu Entmenschlichung“, warnte sie mit Blick auf das Motto der Woche „Angst überwinden - Brücken bauen“, mit dem die aktuellen, begründeten und diffusen Bedrohungen und Angst in der Gesellschaft aufgegriffen werden. Sie lobte Maffays mutiges Auftreten und Engagement für Benachteiligte und für sein Eintreten für religiöse Toleranz und nannte den christlich-jüdischen Dialog eine „unentbehrliche Basis für das Zusammenleben“. 

 

„Ich dachte zuerst, das wäre das bundesweite Programm“, staunte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) über das Programmheft mit 115 Veranstaltungen allein in Recklinghausen. Dann skizzierte er die aktuellen Herausforderungen an Politik und Gesellschaft. „Antisemitismus war immer da und ist sehr deutsch“, so Laschet. Deutschland sei heute ein Einwanderungsgesellschaft, in der die „Ich-Du-Philosophie“ Martin Bubers immer noch der richtige Ansatz sei für die, die nicht miteinander reden könnten. Demnach gewinne ein Mensch Würde und Identität erst, "wenn er sich nicht nur um sich selbst dreht, sondern sich auch für das Du des anderen Menschen" öffne. „Das passt in unsere Zeit“, stellte Laschet mit Blick auf die Fremdheit, das Anderssein und die zunehmende Anonymität auch auf der Ebene der sozialen Medien fest. Und bescheinigte Maffay, im Geiste Bubers zu wirken. Mit Blick auf den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht in diesem Jahr regte Laschet an, zu einer gemeinsamen Erklärung von Christen, Juden und Muslimen gegen Hass, Gewalt und Intoleranz zu kommen. 

 

Christoph Tesche, Bürgermeister der Stadt Recklinghausen, lobte das Engagement der vielen Ehrenamtlichen mit ihren diversen Dialogangeboten auch weit über die Festwoche hinaus und bezeichnete die Aktivitäten als eine ausgezeichnete Referenz für die ausgeprägte Kultur für Toleranz und Gemeinwesenorientierung in Recklinghausen.

 

Besondere Grüße von dem Holocaust-Überlebenden Wolf Abrahamsson überbrachte Cay Süberkrüb, Landrat des Kreises Recklinghausen, der ihn vor kurzem zu dessen Geburtstag besucht habe. „Dieser Mensch ist für mich ein Wunder“, sagte Süberkrüb. Aber er leide darunter, dass er das Trauma der Shoa nicht vergessen könne.

 

Die Laudatio für Maffay hielt Professor Dr. Udo Dahmen, Direktor der Popakademie Baden-Württemberg. Er würdigte das künstlerische Schaffen und persönliche Engagement des Geehrten für Benachteiligte und gegen jede Form von Extremismus und Fremdenfeindlichkeit: „Du bist ein Macher. Das Wesentliche ist für dich das Miteinander. Für dich ist die Natur ein Therapeut. Du hast immer darauf hingewiesen, dass wir alle ein Teil vom großen Ganzen, ein Teil der Schöpfung sind“, so Dahmen. Maffay setze als „Mehrgenerationen-Künstler“ vor allem auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen „als diejenigen, die in Zukunft unsere Gesellschaft tragen werden“. Dadurch würden sie zu „jungen Botschaftern für Völkerverständigung“. Mit einer Geste beendete Dahmen seine Rede: „Yeah, man - credibility!“, sagte er und deutete mit zwei ausgestreckten Zeigefingern auf Maffay - Glaubwürdigkeit sei die Basis aller Bemühungen.

 

„Ohne Dialog werden wir die Probleme unserer Welt nicht lösen“, schloss Maffay daran an, der sich mit seiner Stiftung für sozial benachteiligte Kinder und für den isralisch-palästinensischen Dialog zwischen Jugendlichen einsetzt. Israel und Palästina seien ein internationaler Hotspot: „Wenn wir hier etwas erreichen, wird das auch auf andere Regionen der Welt ausstrahlen“, sagte Maffay unter großem Applaus. 

 

Seine eigene Erziehung in Rumänien habe, so Maffay auf eine Nachfrage Gauses, eine erhebliche Rolle bei der Entwicklung seines Wertekanons gespielt. Ihm sei „jede Begegnung wichtig“. Die erfolgreiche Entwicklung seiner Musik und seiner Texte sei immer auch ein Zusammenspiel von mehreren gewesen: „Ich habe vielleicht vier oder fünf Texte geschrieben. Die wollte niemand hören.“ Dann aber habe sich das Setting geändert: „Wir setzen uns zusammen und machen Musik, das ist wunderbar. Und dann fragen wir uns: was will ich, was wollen wir damit eigentlich ausdrücken?“ Das Ganze funktioniere wie beim Fußball: „Die spielen nicht gegeneinander, sondern miteinander.“ Und immer, wenn zwei sich gegenüber stünden, bräuchte es einen Dritten, der den ersten Schritt mache. Dafür stünde das Lied „Halleluja“, das sie gerne auf den Konzerten spielten.

 

Schon vor der Preisverleihung hatte Maffay in einem Interview mit der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ kritisch angemerkt, dass das Land „den gemeinsamen Wertekanon“ verloren habe. Politiker und Parteien sowie Teile der Wirtschaft, einige Sportfunktionäre und Kirchenvertreter hätten „in jüngster Zeit viel Vertrauen verspielt“. Viele Menschen hätten „das Gefühl, dass der Eigennutz im Vordergrund steht und nicht das Gemeinwohl“. GH

Hintergrund:

Seit 1952 laden die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im März in Deutschland zur „Woche der Brüderlichkeit“ ein. Zum Dialog der Religionen werden in über 100 Städten über 750 Veranstaltungen angeboten.

Allein im Kreis Recklinghausen sind es 115 Veranstaltungen, die viele engagierte Ehrenamtliche als Rahmenprogramm zum Jahresthema „Angst überwinden – Brücken bauen“ in der Region auf die Beine gestellt haben. 

Auf der Homepage www.cjg-re.de der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen findet sich das umfangreiche Rahmenprogramm für 2018.

Zu gleicher Zeit erklärte in Düsseldorf die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, die Bekämpfung des Antisemitismus in Deutschland für gescheitert.