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Familienförderung hat Priorität

Regierungspräsidentin Dorothee Feller (Münster) warb im Haus des Evangelischen Kirchenkreises als Gastrednerin der Evangelischen Akademie für eine familienfreundlichere Gesellschaft als wichtigem Baustein für die Erhaltung der Demokratie.
Familienförderung hat Priorität

Regierungspräsidentin Dorothee Feller (Mitte) nach ihrem Vortrag mit Pfarrer Christian Siebold und Julia Borries, Referentin für Erwachsenenbildung, beide im Vorstand der Ev. Akademie

 

RECKLINGHAUSEN – Jeder Mensch hat eine, kann sie sich aber meist nicht aussuchen. Ohne sie geht nichts, mit ihr läuft manches gut, leider aber auch oft Vieles schief. Sie ist die Basis für alles Weitere und doch ständig im Wandel: die Familie. 

Unter der Überschrift „Familie – Paradies im Alltag?!“ ist der Evangelischen Akademie mit ihrem neuen Format „AHAdemie“ ein guter Griff mitten in ein sehr komplexes Brennpunktthema unserer Gesellschaft gelungen, das keine/n kalt lassen kann.

Regierungspräsidentin Dorothee Feller (Münster) war auf Einladung der Evangelischen Akademie ins Haus des Evangelischen Kirchenkreises gekommen, um mit ihrem Vortrag unter dem Titel „Familien stärken“ für mehr Anerkennung für die Leistungen von Familien und für eine familienfreundlichere Gesellschaft zu werben.

Dies sei auch dringend nötig, so Feller, weil Erziehung und Bildung ein wesentlicher Grundstein für die Demokratie seien. Immer mehr Eltern seien damit neben der Arbeit überfordert und würden diese wichtige Aufgabe deshalb an die Kindertagesstätten und Schulen delegieren. Angesichts des desaströsen Personalmangels seien Erzieher*innen und Lehrer*innen damit ebenfalls vielfach überfordert. Mit Blick auf die zunehmend antidemokratischen Tendenzen in Europa sei die Forderung nach der Stärkung der Familien auch eine Frage des Überlebens der politischen Zukunft Europas.

Die traditionellen Leitbilder für Väter und Mütter im mittleren Lebensalter zwischen 25 und 40 Jahren änderten sich, führte Feller weiter aus. In dieser Zeit, die Gesellschaftswissenschaftler als „Rushhour“ bezeichneten, versuchten diese, (Klein-)Kinder, Beruf und Familie miteinander zu verbinden. Auf diese Weise stünden Familien heute im Spannungsfeld zwischen „Familie als Keimzelle der Gesellschaft“, wie sie das Grundgesetz vorsehe, und vielen neuen Lebens- und Zusammenlebensmodellen in Familien, so Feller.

Als einen weiteren wichtigen Grundstein für die Demokratie nannte Feller das Ehrenamt. Auch dieses gerate unter Druck und in Konkurrenz zu Beruf und Familie, vor allem in den Familien mit Pflegebedarf. Der Altersdurchschnitt der Engagierten insgesamt steige. Mit einer verbesserten, intensiveren Regional- und Kulturförderung ließe sich das unverzichtbare Ehrenamt noch besser bewerben und dadurch die Bereitschaft zum Ehrenamt stärken.

In ihrer eigenen Behörde entwickle sie derzeit auf der Basis von Gleitzeit und Digitalisierung zusammen mit den Mitarbeitenden Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodelle, führte Feller weiter aus. Dadurch sollte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestärkt und Fahrtzeiten vermieden werden, etwa durch die vermehrte Einrichtung von Telearbeitsplätzen, mit denen Mitarbeitende von zu Hause aus arbeiten könnten. Dies erfordere wiederum eine gute Organisation und Selbstfürsorge, damit dieses Modell nicht zur Selbstausbeutung auf Kosten der Familie führe.

Wie sich anhand der Nachfragen aus dem Publikum zeigte, stießen insbesondere Fellers praktische Ausführungen über die Gestaltungsmöglichkeiten für Arbeitsplätze, die sie als Leiterin ihrer Behörde verfolgt, auf besonderes Interesse. Im beschriebenen Spannungsfeld zwischen Beruf und Ehrenamt bleibt „Familie“, so der Eindruck insgesamt, eine riesengroße Herausforderung für Politik und Gesellschaft. GH