Kirchenkabarett: Letzter Auftritt in Haltern am See
Reiner Rautenberg und Uwe Kaminski (v.l.) als dem Gottesdienst entwöhntes Ehepaar, das sich angestrengt-komisch um angemessenes Benehmen in der Kirche bemüht (Foto: Johnsdorf)
Im Rahmen der Festdekade zum 100-jährigen Jubiläum der Erlöserkirche trat das dienstälteste Kirchenkabarett in Westfalen auf, die „Schwester & Bruder GmbH“ mit Reiner Rautenberg und Uwe Kaminski – „die Schwester ist ihnen zwischenzeitlich abhanden gekommen“, stellte Henschel richtig fest. Die ersten zehn Jahre (1991–2011) gehörte Sabine Henke zum Ensemble, seit 1995 der Kirchenmusiker Uwe Kaminski; von Anfang an dabei war Reiner Rautenberg, im Hauptberuf Mitarbeiter der Dortmunder Diakonie.
Dieser überraschte das Publikum mit der Ankündigung, dass die „Schwester & Bruder GmbH“ sich mit dem Auftritt in Haltern für immer von der Bühne verabschiede. So mancher fragte sich da noch, ob dies ernst gemeint oder schon Teil des Kabaretts war.
UNSERE KIRCHE fragte in der Pause nach. Reiner Rautenberg bestätigte: „Ja, wir hören wirklich und endgültig heute auf“. Nach 600-700 Auftritten („Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen“), in den besten Zeiten ca. 80 pro Jahr, sei man irgendwann mit allen Themen durch, jedes neue Programm bedeute immens viel Aufwand und Arbeit, das Herumreisen zehre an den Kräften. Außerdem freue er sich darauf, zum Beispiel den Kirchentag selbst als Besucher mitzuerleben und nicht mehr nur mit Programm, Auftritten und Organisation beschäftigt zu sein.
Eine bunte Abfolge von Texten und Liedern, unterbrochen von eingespielten „Werbespots“, thematisierte an diesem Abend noch einmal die zahlreichen Schwachstellen der Kirche und der in ihr Handelnden – von den Theologinnen und Theologen bis zu den ehrenamtlich Mitarbeitenden. Dabei war der kritische Blick auf die Kirche und ihre Probleme letztlich immer getragen von einer aufrichtigen Zuneigung und Verbundenheit. Am Ende sang auch das Publikum mit bei „Du bist Kirche“.
Zum Schluss präsentierten Reiner Rautenberg und Uwe Kaminski noch einmal den „Pfarrersong“, mit dem vor 20 Jahren westfälisches Kirchenkabarett begann. Stellvertretend bedankten sie sich beim Halterner Publikum für das jahrelange große Interesse an ihren Programmen. „Was kann denn Kirchenkabarett bewirken?“ fragte Rautenberg, um selbst zu antworten: „Eine gewisse Leichtigkeit inmitten aller Probleme der Kirche, und ein Lächeln bei denen, die sonst mit großer Ernsthaftigkeit hier ihre Arbeit tun. Always look on the bright side of church! Gönnen Sie sich mal was, gehen Sie nächsten Sonntag in die Kirche!“
Den Halternern hat das Programm wohl gefallen. Mit stehendem Applaus verabschiedeten sie die „Schwester & Bruder GmbH“ in den Ruhestand.
Text/Bild: Alexander Johnsdorf