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"Menschenrechte durchsetzen und erfahrbar machen!"

Zum 70. Jahrestag der Menschenrechte sprach Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, im Haus des Evangelischen Kirchenkreises.
"Menschenrechte durchsetzen und erfahrbar machen!"

Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt (Foto: Harald Sippel, Homepage)

 

RECKLINGHAUSEN – In welch schwieriger Verfassung sich die internationale Menschenrechtspolitik 70 Jahre nach der Verabschiedung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ (1948) befindet, zeigt schlaglichtartig der im Juni dieses Jahres erklärte Rückzug der USA aus dem UN-Menschenrechtsrat.

Die Sorge um die aktuelle Krise der Menschenrechte bewegt offenbar viele. Denn der große Saal im Haus des Evangelischen Kirchenkreises war bis auf den letzten Platz gefüllt, als der Theologe und Philosoph und ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt vom Institut für Politische Wissenschaft der Universität Erlangen-Nürnberg dort zum 70. Jahrestag der Menschenrechte über das Thema „Menschenrechtspolitik in der Krise? Wege zu einer neuen Offensive“ referierte.

Bielefeldt sprach dort auf Einladung von amnesty international, der Caritas, des gemeinnützigen Instituts für Wissenschaft, politische Bildung und gesellschaftliche Praxis (iWiPo) und der Evangelischen Erwachsenenbildung, für deren Arbeit das Thema Menschenrechte elementar ist.

Deutschland sei, so Bielefeldt, in den Jahren 2015/2016 von einer „Willkommenskultur“ ins gegenteilige Extrem gekippt. Zwischen dem an Menschenrechten orientierten Gestern und dem Heute klaffe ein tiefer politisch-kultureller Abgrund.

In Europa stehe es schlecht um die Rechte von Flüchtlingen, so Bielefeldt weiter. Im Osten verweigerten rechtsradikale Regierungen die Aufnahme von Asylbewerbern, ebenso in Österreich und Italien. Im Mittelmeer seien inzwischen über 13.000 Flüchtende ertrunken.

Weltweit setzten autokratische Regierungen in Russland, China oder Türkei ihre autoritäre Herrschaft unter Missachtung von Menschenrechten durch. Internationale staatliche Institutionen wie die Vereinten Nationen (UN), der Europarat oder die Europäische Union, welche die Anliegen der Menschenrechte strukturell und institutionell vorantreiben sollten, verlören seit Jahren massiv an Ansehen und Durchschlagskraft gegenüber immer stärker autokratisch regierten Ländern wie Russland, China oder der Türkei. Selbst etablierte Demokratien drohten ihre innere Liberalität zu verlieren. Frauenrechte und Minderheitenrechte seien bedroht oder würden verweigert. „Die Welt, wie wir sie kannten, gerät aus den Fugen“, bilanzierte Bielefeldt.

Dagegen setze die aufgeklärte und menschenrechtlich motivierte Zivilgesellschaft bedeutsame Zeichen der Hoffnung und des Widerstands. Zu denen zählten die hunderttausend Demonstranten, die in Berlin für eine offene friedliche Politik auf die Straße gingen, wie auch die vielen Menschenrechtsorganisationen weltweit.

Eine positive Entwicklung verzeichnete Bielefeldt auch für die Menschenrechte für Frauen, Kinder, Homosexuelle und Menschen mit Behinderungen, die inzwischen stärker wahrgenommen und gesetzlich festgeschrieben worden seien. Die UN-Konvention für die Rechte von Behinderten habe eine enorme Wirkung erzielt, ähnlich auch die nationalen Stellen der Antifolterkonvention. Auch die Rechtslage psychisch Kranker habe sich deutlich verbessert. Und die Menschenrechtsgerichtsbarkeit des Europarats sei insgesamt eine großartige Erfolgsgeschichte.

Nun gelte es, diese Formen der Institutionalisierung des Menschenrechtsschutzes international und national im Sinne einer „neuen Offensive in Sachen Menschenrechten“ voran zu treiben, forderte Bielefeldt. Dazu müssten Menschenrechte erfolgreich durchgesetzt und diese Erfolgsgeschichten für andere Betroffene wie auch für die kommenden Generationen erfahrbar gemacht werden. Den Bildungseinrichtungen komme hier eine Schlüsselrolle zu. (MMS)