‚Mustang‘ rebelliert gegen frauenverachtende Traditionen
KIRCHENKREIS 7. Kirchliches Filmfest in Recklinghausen eröffnet mit Drama um Zwangsheirat - „Wer zum kirchlichen Filmfestival kommt, kommt zum Sehen und Diskutieren, zum Beeindruckt-Werden und Nachdenken“, sagte Schirmherrin Präses Annette Kurschus bei der Eröffnungsfeier des 7. Kirchlichen Filmfestivals in Recklinghausen im Kino Cineworld. Das Filmfestival sei ein Ort für Wahrheitssuche, „keine Traumfabrik“.
Die Filme des Festivals nähmen „Stellung zum Zustand unserer Welt und zu den Fragen unseres Lebens“, beschrieb Kurschus. Propst Jürgen Quante vertrat den erkrankten Schirmherrn Weihbischof Dieter Geerlings. Für Quante steht das Filmfestival „in der jüdischen Glaubenstradition mit einem Gott der Geschichten“. Der Recklinghäuser Bürgermeister und Schirmherr Christoph Tesche dankte den Akteuren des Filmfestivals dieses „entwickelt und fortentwickelt“ zu haben. Die Einzigartigkeit des Festivals betonten die künstlerischen Leiter Horst Walther und Michael Kleinschmidt vom Institut für Kino und Filmkultur in Wiesbaden und Köln.
Als Eröffnungsfilm des Filmfestivals wurde das für die Oscars nominierte bedrückende Erstlingswerk ‚Mustang‘ der Regisseurin Deniz Gamse Ergüven aus dem Jahr 2015 gezeigt. Der Film erzählt von fünf jungen Schwestern in der tiefen türkischen Provinz, die wie Wildpferde gegen tradierte Muster der Frauenverachtung rebellieren. Sie zahlen einen hohen Preis für ihre Autonomiebestrebungen, denn ihr Onkel baut ihr Haus zu einem Gefängnis um, das sie nur per Zwangsheirat verlassen können. Nicht immer gelingt es ihnen, durch einfallsreiche Tricks ihre Lebensfreude und ihren Drang zur Freiheit gegen die Einschränkungen einer repressiven, patriarchal geprägten Gesellschaft zu verteidigen. Der Film greift auf eigene Erfahrungen Ergüvens zurück und wurde weltweit mit bisher 24 Preisen bei Filmfestivals ausgezeichnet. Er kam als türkisch-französisch-deutsche Koproduktion zustande.
Zur Diskussion mit dem Publikum stand der Koproduzent Frank Henschke aus Düsseldorf nach der Vorführung zur Verfügung. „In ‚Mustang‘ fügt sich keine ihrem Schicksal, trotz der Missbrauchsszenen“, so Henschke. Er berichtete aus der Türkei von gespaltenen Reaktionen des Publikums und der Medien. Je weiter östlicher in der Türkei der Film gezeigt wurde, desto stärker sei dieser als „Verunglimpfung“ wahrgenommen worden. Er selbst verstünde den Film jedoch nicht als ‚politischen Film‘. Vielmehr habe das Publikum zu entscheiden, wie der Film zu bewerten sei, eine Einschätzung, die bei den Besuchern des Festivals nicht auf einhellige Zustimmung stieß.
Es ist genau diese Möglichkeit der offenen Diskussionen mit den zahlreichen Filmschaffenden, die auch in diesem Jahr wieder viele Besucherinnen und Besucher in das umfangreiche Programmangebot des kirchlichen Filmfestivals lockt.
Text/Bild: hh