Rache, Verlust, Schuld, Erlösung und Versöhnung - „Circles“ mit dem Preis des 5. Kirchliches Filmfest ausgezeichnet
Michael Kleinschmidt (IKF), Leon Lucev, Barbara Derboven (Übersetzung) und Horst Walther (IKF) (v.l.)
Markos bester Freund Neboja, der mittlerweile Arzt ist, soll den damaligen Peiniger Todor nach einem lebensgefährlichen Unfall operieren; Markos Freundin sucht Unterschlupf vor ihrem gewalttätigen Lebensgefährten bei Haris, der inzwischen mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Halle-Neustadt lebt. In Trebinje errichtet Markos Vater derweil eine kleine Kirche. Der Sohn des Mörders seines eigenen Sohnes will ihm dabei helfen.
Der bildgewaltige, streckenweise mit wenigen Dialogen arbeitende Film zeigt Personen im Schatten brutaler Gewalterfahrungen ihrer Vergangenheit. Sie kämpfen noch immer mit den Gefühlen von Rache und Verlust, mit der Erfahrung von Schuld, dem Verlangen nach Erlösung und Versöhnung.
In ihrer Laudatio sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus: „Gewalt ist wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird und Kreise zieht: Circles. Der Film eröffnet eine erschütternde, fast biblische Dimension. Ein Gleichnis auf die Geschichte der Menschheit. […] Immer bleibt Regisseur Golubovic streng bezogen auf die handelnden Charaktere. Kein Blick löst sich von den konkreten Beziehungen, die durch den Mord entstanden sind. Doch die Kamera findet Bilder für die furchtbare, allgemeingültige Wahrheit der Geschichte.“ Als Friedenssymbol überreichte Präses Kurschus einen Olivenbaum an den Hauptdarsteller des Films, Leon Lucev, der den Preis stellvertretend entgegennahm.
Peter Hasenberg, Filmreferent im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und FSK-Prüfer, erinnerte in seinem Beitrag daran, dass man immer noch in den Medien auf ein angebliches „Konkurrenzverhältnis zwischen Filmbotschaften und christlichen Botschaften“ treffe. Dem gegenüber gelte seit langer Zeit für die kirchliche Filmarbeit das Motto des Paulus aus dem Brief an die Thessalonicher „Prüfet alles, das Gute behaltet“ (1. Thess. 5,21). Die Anregung, die er von dem ausgezeichneten Film Circles erwarte, beschrieb er mit einem Zitat des Philosophen Martin Seel aus „Die Künste des Kinos“ (2013): „Im Kino können wir unser Erlebenkönnen auf eine besondere Weise ausleben. […] Die Imaginationen des Films gewähren uns eine Weise des Durchfühlens und Durchdenkens von Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des menschlichen Inderweltseins, wie es sie sonst in der Welt nicht gibt“. Wenn dies dem Film gelänge, käme man anders heraus, als man hineingegangen sei.
In einer eingespielten Videobotschaft unterstrich der Regisseur Golubovic das Anliegen seines Films, sich für verloren gegangene moralische Werte stark zu machen. Leon Lucev hatte selbst als Soldat Erfahrungen in der vormals jugoslawischen und dann kroatischen Armee gemacht. Für ihn und das Team seien die Dreharbeiten am Set eine „Gruppentherapie“ gewesen. „Wir wollten uns in Vergebung üben“, sagte er. Zukünftig sehe er sich gerne einmal in einer clownesken Rolle.
Das 5. Kirchliche Filmfest verleiht in diesem Jahr den mit 2.000 Euro dotierten Preis an den Film Circles. Der Preis wird von der Stiftung „Protestantismus, Bildung und Kultur“ und dem Evangelischen Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe gestiftet. Der Film wurde 2013 bereits mit dem Preis der ökumenischen Jury bei der Berlinale und dem "Special Jury Prize" auf dem Sundance Film Festival 2013 ausgezeichnet. Circles trat als Serbiens Kandidat für den Auslands-Oscar 2014 an.
Die Publikumsgespräche mit den Filmschaffenden wurden wieder von Michael Kleinschmidt und Horst Walther vom Institut für Kino und Filmkultur (IKF) moderiert, die, wie bereits zuvor, die künstlerische Leitung des Filmfestivals inne hatten.
Text/Bild: hh