Schulreferat besuchte Armenien und den Iran
Heute zeugen zahlreiche Kirchen, zum Teil schon aus dem 4. Jahrhundert, und die charakteristischen Kreuzsteine von der Religiosität der Armenier. Der Stolz auf ihre alte Sprache und Schrift und ihre Identität als christliche Minderheit in einem islamischen Umfeld lässt sie, gepaart mit diplomatischem Geschick, ihre Selbständigkeit behaupten. Die Nachbarschaft der feindlich gesonnenen Ländern Türkei und Aserbaidschan sowie die Abhängigkeit von Russland lassen die 3,2 Millionen Armenier um ihre Unabhängigkeit fürchten. Der armenische Reiseführer überspielte diese Bedenken manchmal ironisch mit Radio Eriwan (Hauptstadt Armeniens)-Witzen. Ein Beispiel: Frage an Radio Eriwan: "Kann man als guter Kommunist auch ein guter Christ sein?" Antwort: "Im Prinzip ja, aber warum wollen Sie sich das Leben doppelt schwer machen." Bei einem Besuch einer integrativen Einrichtung für Kinder mit und ohne Behinderungen konnten die Recklinghäuser einen Einblick in die sozialen Anstrengungen des kleinen Landes gewinnen.
Auf der Reise durch den Iran von Tabris über Shiraz, Perepolis, Jazd, Isfahan, Qom, nach Teheran standen die beeindruckende Geschichte Persiens, die vom Schiitentum geprägte Architektur und die Begegnungen mit Iranern im Vordergrund. Ein Höhepunkt der Reise war der Besuch des Wallfahrtortes Qom mit dem Schrein der Fatima Masuma, der nur von wenigen Nichtmuslimen besichtigt werden kann. Die weiblichen Teilnehmer, die immer ein Kopftuch trugen, mussten an diesem Ort sogar einen geliehenen Schador tragen.
Der Geist des Textes von dem großen persischen Dichters Saadi Shirazi, den alle Schulkinder im Iran auswendig lernen müssen, schien in den zahlreichen Begegnungen gegenwärtig:
„Als Adams Nachfahren sind wir eines Stammes Glieder. Falls Macht des Schicksals ein Organ zum Leiden führt, sind alle andern von dem Leid nicht unberührt. Wenn niemals du in Sorge um den andern brennst, verdienst du nicht, dass du dich einen Menschen nennst“.
Die Reisenden hatten den Eindruck, dass die Mehrzahl der Iraner dankbar über den Besuch und das Interesse an ihrem Land waren und mit großer Hoffnung auf eine Öffnung ihres Landes warten. Beim Besuch der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Teheran betonte Pfarrer Koll die Akzeptanz der christlichen und jüdischen Gemeinden durch den iranischen Staat. Beim Gespräch in der deutschsprachigen Gemeinde ging es insbesondere um das Leben von Christen im Iran und das Verhältnis zum Staat und dem Islam.
Am Ende der Reise bot sich der Gruppe ein differenziertes Bild dieses bislang unbekannten Landes. Die Repressionen und Probleme einer religiös legitimierten Staatsmacht waren durchaus spürbar, aber die westliche Schwarzmalerei des Lebens im Iran und des vermeintlichen Fanatismus weiter Teile der Bevölkerung bestätigte sich nicht. Statt dessen wurden die Teilnehmer ständig von zufällig vorbeikommenden Iranerinnen und Iranern freundlich und mit großem Interesse nach ihrer Herkunft gefragt. Ein ernst gemeintes „Herzlich Willkommen“ und ein „Salam aleikum“ (Friede sei mit dir) folgten fast immer.
Text/Bild: hs